Schwarzwälder Wintersportler starten am Wochenende in den Weltcup-Winter
Hochschwarzwald. Wintersport live gibt es im Schwarzwald in der Saison 2023/24 nur einmal. Während Titisee-Neustadt mit dem Weltcup-Skispringen turnusgemäß pausiert und nach aktuellem Stand des Rahmenterminkalenders im Dezember 2024 als Austragungsort zurückkehrt, gastieren die weltbesten Nordischen Kombinierer vom 26. bis 28. Januar 2024 zum traditionellen „Schwarzwaldpokal“ in Schonach. Unterdessen können die Wintersport-Fans disziplinübergreifend ihre Athleten live im TV verfolgen. Während die Alpinen bereits Ende Oktober in die Saison gestartet sind, erfolgt der Startschuss für die meisten anderen Disziplinen am letzten November-Wochenende. Auch wenn bis auf Biathlon und Ski-Fliegen in diesem „Zwischen-Winter“ keine Weltmeisterschaften und Olympischen Spiele anstehen, verspricht der Weltcup viel Spannung, in dem auch rund ein Dutzend Schwarzwälder Athletinnen und Athleten an den Start gehen werden.
Biathlon: Regeländerungen der IBU (Internationaler Biathlonverband), ein neuer Herren-Bundestrainer, Training im Windkanal. Gegenüber der abgelaufenen Saison hat sich in der Biathlonszene einiges verändert. Dabei stellt die publikumsträchtige Sportart mit drei Athleten das größte Kontingent an Schwarzwälder Wintersportlern. Bei den Frauen hat Janina-Hettich-Walz (SC Schönwald) zum Saisonauftakt im schwedischen Östersund wieder den Sprung ins Weltcupteam geschafft. Als Punktbeste aus den beiden Qualifikationsrennen in Sjusjoen/Norwegen (10. im Sprint, 9. im Massenstart) setzte sich die Schwarzwälderin gegenüber ihren Konkurrentinnen durch.
„Wir haben nur eine Herausforderung – und die ist es, im Wettkampf so erfolgreich zu sein, wie es nur geht. Doch um diese zu meistern, muss man in sehr vielen Bereichen etwas tun, muss progressiv sein, wenn man sich in der Weltspitze durchsetzen will“, erklärte der neue Biathlon-Bundestrainer der Herren, Uroš Velepec, der nach der Heim-WM in Oberhof Mark Kirchner folgt, der nach 13 Jahren seinen Rücktritt erklärt hatte. Der Slowene setzte gleich in der Saisonvorbereitung neue Maßstäbe: „Dass wir erstmals die Chance bekommen, in einem Windkanal zu testen, ist daher sehr wertvoll. Wir haben zusammen mit den Aerodynamikern der BMW Group wirklich signifikante Tests entwickelt. Die Ergebnisse sind schon jetzt vielversprechend. Und diese kamen auch bei Benedikt Doll gut an, „denn es war für mich doppelt interessant, zum einen die Tests, die wir gemacht haben. Es war aber auch irgendwie mein Wunsch mal im Windkanal zu sein, es hat sich somit doppelt gelohnt“. Gerade mit Blick zum Schießstand, an dem der Sprint-Weltmeister von 2017 in Hochfilzen noch so manche Spitzenposition liegend gelassen hat. Schließlich ging es darum, „was kann ich an der Waffe verändern, dass diese nicht so empfindlich auf Wind ist“, ergänzte der Biathlet von der SZ Breitnau vor dem Start in seine vermeintlich letzte Saison als Biathlet. Denn selbst, wenn eine andere Person am Schießstand neben oder einem Biathleten/in steht, hat dies in Sachen Wind einen Einfluss auf das Schießen. Mit Roman Rees startet ein weiterer Schwarzwälder Skijäger im Weltcup. Der Winterzweikämpfer vom SV Schauinsland kann mit Rang neun in der Gesamtwertung einerseits auf seine erfolgreichste Weltcup-Saison zurückblicken, auf der anderen Seite blieb auch der 30-jährige in Oberhof ohne Medaille.
Nordische Kombination: Wenn am 30. November im finnischen Ruka die neue Weltcup-Saison der Winterzweikämpfer beginnt wird ein ganz großer Kombinierer, der die letzten 10 Jahre die Entscheidungen in der „Königs-Disziplin“ um Gold, Silber und Bronze bei Olympia und Weltmeisterschaften mitbestimmt hat, fehlen: Fabian Rießle wurde vom neuen Trainerteam um die Ex-Kollegen, Eric Frenzel, Heinz Kuttin und Kai Bracht nicht für den Weltcup-Auftakt nominiert, „ich gehöre aktuell nicht zur Weltcup-Mannschaft, mit Gründen, die ich nicht ganz nachvollziehen kann“, gibt der 32-jährige Kombinierer von der SZ Breitnau einen kleinen Einblick in sein Seelenleben. Aber „Little Rio“ nimmt die Ausbootung sportlich. Mit starken Leistungen beim zweitklassigen Continental-Cup im Dezember in Lillehammer/Norwegen und Kuusamo will sich der Team-Olympiasieger 2018 in Pyeongchang einen Quotenplatz im Weltcup sichern. Sportlich läuft es gerade nicht nach Wunsch, dafür erlebt Rießle privat eine schöne, wie intensive Lebensphase. Verheiratet mit der ehemaligen Weltklasse-Skilangläuferin Sandra Ringwald, bereits Vater einer Tochter, durfte er sich im Mai über die Geburt von Zwillingen freuen, hat er im Familienverbund zudem in seiner Schwarzwälder Heimat in St. Märgen das Elternhaus umgebaut. Und am Ende des Gesprächs schaltet Fabian Rießle schon wieder in den Wettkampf-Modus, „im Endeffekt ist es Hochleistungssport, aber an einem guten Tag, da bin ich trotzdem optimistisch, dass es im WC noch für die Top 5 reichen kann“. Mit dem in Oberried lebenden Manuel Faisst, der weiter für seinen Heimatverein, SV Baiersbronn startet, blickt ein weiterer Schwarzwälder Kombinierer hoffnungsvoll dem neuen Ski-Winter entgegen.
Skilanglauf: Zweimal hatte Janosch Brugger die Hand schon fast an der Medaille. Und zweimal mussten er und seine Team-Kollegen die Hoffnung auf das begehrte Edelmetall buchstäblich im Schnee vergraben, verlor der 26-jährige Skilangläufer auf der Strecke jeweils einen Ski. Doch das ist Schnee von gestern, der Fluch ist spätestens nach Team-Bronze bei der WM in Planica beendet. „Das habe ich auch in der Erinnerung verdrängt“, blickt der Junioren-Weltmeister von 2017 in Soldier Hollow nur noch nach vorne. „Die Saisonvorbereitung verlief einwandfrei, ich bin den Sommer über verletzungsfrei geblieben, ansonsten ist alles im Umfeld auch alles stabil geblieben, auch im Trainerbereich“, fasst Janosch Brugger nach seiner Rückkehr vom Trainings-Camp aus Munio zusammen. Hier hat er sich mit dem DSV-Team und Trainer Marc Steur auf den Saisonstart vorbereitet, „durch ihn gab es viele neue Impulse, das hat sich gut eingependelt. Genauso wollen wir weitermachen, gegenüber dem Vorjahr brauchten wir nicht viel verändern“. Bei den Weltcups in Ruka und Beitostoeln feierte der Schwarzwälder seine größten Erfolge und wünscht sich, „dass, ich diese Erfolge wiederholen kann.“ Aus der Vorbereitung schöpft der Skilangläufer vom SC Schluchsee Kraft und sagt: „So wie man trainiert, kommt man in der Weltspitze nach vorne. Die Erfolge haben Sicherheit gebracht, das gibt neuen Ansporn“. Aber es gibt auch noch eine große Unbekannte: Nach dem Verbot für Fluor-Wachse durch den Internationalen Skiverband (FIS) kommt für die Techniker und Athleten: innen eine große Herausforderung ins Spiel – Ausgang offen, „das ist fast wie beim Video-Beweis beim Fußball“, sagt Brugger mit einem Augenzwinkern.
Skispringen: Stephan Leyhe stand schon ganz weit oben. Erster Weltcup-Sieg beim Heim-Weltcup in Willingen, Team-Gold bei der WM in Seefeld – dann der verhängnisvolle Sturz mit Kreuzbandriss beim Saisonfinale in Oslo, die verpasste WM im Februar dieses Jahres in Planica. Der Wahl-Hinterzartener, der weiter für den SC Willingen springt, meldete sich nach langer Leidenszeit beim Sommer-Grand Prix und im Conti-Cup eindrucksvoll zurück. „Mir geht es gut, ich bin körperlich fit, die Vorbereitung lief ziemlich gut und das Grundniveau ist recht gut“, sprudelt es aus dem 31-jährigen Skispringer heraus. Man merkt es förmlich im Gespräch, „das die notwendige Lockerheit zurück ist, um erfolgreich Skispringen zu können“. „Ich habe mich auch persönlich weiter entwickelt, das Kreuzband-Thema ist abgehakt, beeinträchtigt mich nicht mehr. Skispringen macht einfach Spaß, wenn die Erfolge da sind“, gewährt Leyhe Eindrücke in sein Seelenleben. So einfach klingt Skispringen – mit den Rängen zwei und sechs in Hinzenbach setzte der Hinterzartener eine Duftmarke für die interne Konkurrenz. Und Skisprung-Bundestrainer Stefan Horngacher (Titisee-Neustadt), der den Weitenjäger am heimischen Olympiastützpunkt Freiburg-Schwarzwald aufgebaut hat, honorierte die starken Leistungen mit einer Nominierung für die ersten Weltcups. „Mein Ziel ist es, was ich mir im Sommer antrainiert habe, in den Winter rüber zu bringen und nach Möglichkeit noch zu steigern“, liebäugelt Stephan Leyhe auch mit der Qualifikation für die Skiflug-WM Ende Januar am Kulm/Österreich.
Skicross: Die Ski Crosser starten erst Anfang Dezember im französischen Val Thorens in den neuen Skiwinter. Mit dabei in dieser Disziplin als einzige Starterin aus dem Schwarzwald, Daniela Maier. „Mir geht es ganz gut, ich kann mich nicht beschweren und fühle mich fit. Die Vorbereitung hat bisher top funktioniert,“ lässt die 27-jährige den Reporter wissen. Nach der erneuten Knieverletzung kurz vor dem Saisonende musste die sympathische Schwarzwälderin abermals in die Reha. „Ich konnte aber in der Sommer-Kondi-Phase meine Werte Schritt für Schritt aufbauen. Wegen der äußeren Bedingungen sind wir allerdings recht spät ins Schneetraining gegangen, konnten aber ein gutes Riesenslalom-Training machen. Im schwedischen Idre Fjäll holte sich Maier mit dem DSV-Team den letzten Schliff für den Saisonstart. Beim Training selbst wurde wenig verändert, „ich musste mich nach der Reha halt auf das Knie konzentrieren. Darüber hinaus haben wir beim Training auf eine Ganzkörper-Stabilität wert gelegt“. Und Maier hat mit den Trainern auch die zuweilen vorherrschenden Probleme beim Start unter die Lupe genommen, „daran haben wir gearbeitet. Jetzt wird es sich in den Rennen zeigen, wie sich dies auszahlt.“
Das Hick-Hack um die olympische Bronzemedaille von Peking endete im Sommer mit einem Happyend. „Das gibt mir sehr viel Kraft, einfach auch die Tatsache, dass es die Medaille gegeben hat, dadurch bin ich erleichtert und stolz darauf. Das gibt schon einen Schub für neue Saison“, blickt die Rennläuferin vom SC Urach optimistisch dem Saisonstart entgegen. Mit einem zweiten Platz und acht dritten Rängen schaffte es die Bundespolizistin bislang neunmal auf das begehrte „Stockerl“. So sind Podestplätze auch im neuen Skiwinter das Ziel von Daniela Maier. Auf die Schwankungen mit einem „Aus“ im Viertelfinale oder im Finale zu stehen“, kann die Schwarzwälderin liebend gerne verzichten, „denn mein großes Ziel ist es weiterhin, einmal ganz oben auf dem Podium zu stehen.“
Snowboardcross: Wie in der Vorsaison ist der Schwarzwald wieder mit drei Snowboarder-Crossern im Weltcup vertreten. Geboren in Titisee-Neustadt und inzwischen schon eine Weile in Fischen im Allgäu lebend, steht Jana Fischer vor ihrer bereits siebten Weltcup-Saison. Die Junioren-Weltmeisterin von 2019 auf der Reiteralm kam gut durch die Saisonvorbereitung, „mir geht’s gut, ich bin gesund und munter“. Mit Team-Kollege Martin Noerl wählte die 24-jährige Snowboard-Crosserin vom SC Löffingen dabei einen eigenen Weg und bereitete sich auf eigene Rechnung, „mit einem kleinen Zuschuss“ des Nationalverbandes Snowboard Germany auf der Südhalbkugel vor, sammelte im Sommer in Australien die so wichtigen Schneekilometer für den Weltcup-Winter. „Ich hoffe und denke, dass sich das auszahlen kann“, gibt sich die Rennläuferin optimistisch. Zu den Trainings-Schwerpunkten gehörte auch der Start aus der Box, „da muss ich aktiver sein und mir von Beginn an eine gute Position verschaffen“. Gelingt dies, dann könnten auch die persönlichen Ziele, wie „im Gesamt-Weltcup unter die „Top 8“ zu kommen und auf das Podium zu fahren“, keine Utopie bleiben.
Eine langwierige Sprunggelenkverletzung macht Paul Berg seit seinem fatalen Sturz zum Saisonende 2020/21 bis heute zu schaffen. Hierdurch gehandicapt, kam der Snowboarder-Crosser auch im vergangenen Winter nur zögerlich in Schwung, Rang 33 bei der WM in Georgien, ein ernüchterndes Ergebnis für den Bronze-Medaillengewinner bei der WM 2019 in Park City. „Ich habe im Sommer etwas weniger gemacht, um dem Sprunggelenk etwas Ruhe zu geben“, blickt der 32-jährige vom SC Konstanz trotzdem positiv dem Saisonstart entgegen. Die Trainingseinheiten waren weniger intensiv, auch die Sprünge. Noch fehlt auch die Beweglichkeit – verständlich, denn der Snowboard-Crosser ist immer noch mit drei Schrauben und einer Platte im Sprunggelenk beim Training und in den Rennen unterwegs, „die Form ist noch nicht bei 100 Prozent“. Das liegt aber auch daran, dass ihm, wie den meisten im Team von Snowboard Germany die Schneetage fehlen, weil die Saison für das Gletschertraining im Pitztal mangels Schnee sehr spät begonnen hat. Der Rennkalender könnte Paul etwas in die Karten spielen, denn die meisten Wettbewerbe finden erste gegen Winterende, im März statt. Bis dahin gilt es in Form zu kommen, „muss ich das Ganze einordnen, „muss ich schauen wo ich stehe. Ich denke an guten Tagen kann ich ein Stück nach vorne fahren, ist das Halbfinale oder auch das Finale das Ziel“. Wichtig ist, dass er trotz des lädierten Sprunggelenks in der Spur bleibt.
Vor einem Re-Start steht auch Umito Kirchwehm, der sich im Januar dieses Jahres beim Weltcup in Cortina/Südtirol eine schmerzhafte Schultereckgelenksprengung zugezogen hat. Das große Talent vom SC Altglashütten, will nach Verletzung und „einer Vorbereitung, die ganz gut verlief, den Anschluss an die Weltspitze schaffen, sich aber mit einer Top 8-Platzierung“, keine zu hoch gesteckten Ziele setzen. (joh)
Bild zur Meldung: Benedikt Doll will nach starker Vorbereitung auch im Biathlon-Weltcup wieder auf das Podest - Foto: Joachim Hahne / johapress